
„Winzer sein ist keine Berufung, sondern eine Lebensaufgabe“ – so beschreibt Julia Schittler ihr Leben als Winzerin. Ein Gespräch über Leidenschaft, Generationskonflikte und Frauen im Weinberg.
Wenn Winzerin Julia Schittler über Wein spricht, merkt man: Hier spricht sie über ihre absolute Leidenschaft. Nach ihrer Winzerlehre und dem Besuch der Technikerschule in Bad Kreuznach reist sie nach Neuseeland und Südafrika, um andere Weingüter kennenzulernen. Seit 2015 leitet sie das elterliche Weingut in der neunten Generation.
Mit jedem Schluck von ihren Kreationen schmeckt man das Herzblut, ihre Handschrift und natürlich auch die Herkunft: Rheinhessen, das ihrer Meinung nach nicht nur das größte Anbaugebiet Deutschlands ist, sondern auch das innovativste. Die Liebe zu ihrem Handwerk verewigt sie auch auf den Flaschenetiketten: Die Vielfalt der Weinberge mit ihren Tieren, Pflanzen und Böden sowie die Aromen, die diese Weinberge hervorbringen, zeigt sie als kleines verwobenes Kunstwerk.
Wir haben mit ihr über besondere Momente, den Klimawandel und ihre Reisen gesprochen.
Was ist deine absolute Lieblingsrebsorte und was ist dein Lieblingsweinstil?
Oh, ich habe natürlich mehrere, aber meine absolute Lieblingsrebsorte ist natürlich klassisch der Riesling. Weißburgunder finde ich auch sehr spannend. Gerade da schmeckt man besonders die Herkunft heraus. Was den Weinstil angeht: eher kühler, mineralischer, manchmal auch leichte Holznuancen, fein eingebunden, so was finde ich schon sehr schön. Wenn es ins Sommerliche geht, tendiere ich auch sehr gerne mal zu einem frischen Sauvignon Blanc.
Was ist aus deinem Sortiment ein absoluter Favorit?
Aus meinem Sortiment ist mein absoluter Favorit der Riesling Gottesgarten. Jeder Jahrgang von dem Wein ist immer wieder beeindruckend und unterschiedlich, das finde ich total toll. Gottesgarten ist eine Lage am Rande des Zornheimer Berg und dort merkt man einfach, dass der Riesling jedes Jahr aufs Neue anders schmeckt und es gefällt mir immer wieder, wie facettenreich so ein Wein sein kann.
Gibt es einen Wein, den du mit einem besonderen Moment in deinem Leben verknüpfst?
Oh ja, unseren Silvaner Guldenmorgen, einer meiner ersten Lagenweine. Das war so: Mein Papa ist kein Fan von Holzfässern, weil das natürlich auch viel Arbeit ist. Er hat gemeint, dass wir so etwas nicht brauchen, aber wir haben gesagt: „Doch, so etwas brauchen wir!“ Dann habe ich mir ein neues Holzfass ergattert, das war jetzt auch nicht günstig – da war mein Papa zuerst schockiert und es gab ein paar kleine Generationskonflikte. Aber jetzt hat er es verstanden, dass der Silvaner Guldenmorgen einfach ins Holzfass gehört.
Du bist durch die Welt gebackpackt. Was hast du für dich und für deine Arbeit daraus mitgenommen?
Ich bin ein bisschen durch die Welt gereist und was ich auf jeden Fall mitgenommen habe, ist: mit offenen Augen durchs Leben gehen, keine Scheuklappen aufzuhaben und auch andere Ideen anzuhören. Für meine Arbeit habe ich Wertschätzung mitgenommen – der Familie und dem Team gegenüber, die alles mitmachen und mit denen man Hand in Hand arbeitet, um tolle Weine zu kreieren.
Wie ist es als junge Frau in einem so männerdominierten Bereich zu arbeiten, was würdest du jungen Frauen raten, die sich für den Weinbau interessieren?
Also, es ist schon hart; auch wenn es immer mehr Frauen gibt, sind es immer noch zu wenige. Ich unterstütze die jungen Frauen gerne und finde es auch total klasse, weil wir ja selber auch Mädels ausbilden. Es ist aber schon schwierig und man muss sich auch einiges anhören. Den Frauen würde ich einfach mitgeben, dass man auf jeden Fall ein dickes Fell braucht, nicht auf alle hören sollte, über alles zu schmunzeln und auf jeden Fall sein eigenes Ding zu machen.
Wie reagierst du auf die Herausforderung des Klimawandels im Weinberg?
Ich denke, man muss mit den Herausforderungen wachsen und ich sehe dem eigentlich positiv entgegen. Also, man muss halt dafür was tun; es gibt zu jedem Problem eine Lösung. Klar ist es nicht einfach, aber ich denke, die Zukunft für den Weinbau ist bestimmt auch interessant, wenn sich das Klima ein bisschen wandelt, besonders für Rotweine. Natürlich wird es für Weißweine schwieriger, aber auch da findet man Lösungen, besonders im Bereich der Laubarbeit oder beim Anpflanzen der Weißweinreben. Man kann auf jeden Fall einiges machen.
Welche Arbeit im Jahresverlauf ist deine liebste und welche magst du nicht so gern? Also meine liebste Arbeit ist wirklich die Weinlese. Klar, da sind wir alle voll im Tunnel, da kann man mit uns eigentlich auch nichts anderes anfangen – es ist nur Weinlese. Was aber auch total toll ist, nach so einem harten Tag, mit dem Team abends zusammensitzen und noch ein Gläschen Wein oder auch ein Kelterbier trinken und über den Tag ein bisschen schmunzeln, obwohl der so stressig war. Aber wenn ich jetzt daran denke, finde ich auch das Abfüllen schön, weil dabei die Arbeit, die du das ganze Jahr gemacht hast, nun fertig auf der Flasche und für den Kunden genießbar ist. Und was ich nicht so mag, ist Büroarbeit, aber die muss leider auch gemacht werden.